Die "Allee von Middelharnis"

Veröffentlicht am 9. September 2021 um 13:51

Ich erzähle mir die „Allee von Middelharnis“ tatsächlich als eine Geschichte im Kontext der Ernüchterung. Irgendwann einmal, als die Leute von Middelharnis den Ausbau des Feldweges zu ihrem Ort zu einer gangbaren Straße planten, da hatten sie die Idee, die Straße von Bäumen säumen zu lassen, sodaß eine schöne Allee daraus würde. Das Ergebnis, nachdem viele viele Jahrzehnte vergangen waren, ist auf Hobbemas Bild zu sehen.

Die bis in den Himmel hochragenden ausgemergelten Baumstämme erinnern mich an Wolkenkratzer, die alle Gegenstände in ihrer Umgebung klein und geduckt aussehen lassen. Die Allee passt nicht in die Gegend, sie wirkt fast surreal, die Bäume scheinen mehr wie Palmwedel denn wie Pappeln.

Pappeln, so las ich, sollen es sein. Pappeln sind zwar schlank, aber in ihrer gesamten Höhe belaubt. Fast unerklärlich bleibt mir, warum diese Pappeln, für die die klimatischen und die Bodenverhältnisse eines niederländischen Polders eigentlich den geeigneten Standort bieten dürften, sich derart dürr in die Höhe entwickelt haben und bis zu den Kronen nahezu unbelaubt sind. Vielleicht waren die Winde oder Stürme doch zu rauh, und die Sonne schien zu selten, sodaß sich die Bäume ausschließlich nach oben ins Licht strecken mussten.

In meine Geschichte der Ernüchterung passt es allerdings gut hinein, daß man  s o  genau nicht wissen kann, aus welchen Gründen die ursprüngliche Idee der Menschen nicht Wirklichkeit geworden ist.                          

Erst die in die Wolken hineinragenden Bäume, die automatisch den Blick auf sich ziehen, lassen die Gegend verloren und öd erscheinen. Versuche ich, sie mir wegzusehen, dann, so glaube ich, würde die Gegend fast zu einer beschaulichen Landschaft, die vom Kirchturm in der Ferne dominiert würde. Die Allee vernichtet die Illusion, es könne sich möglicherweise, trotz der umgestürzten Bäume am ausgewaschenen Wegesrand, um eine dörflich ländliche Idylle handeln.  🌿 

F.

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