Liebe F.,
Das Netz im Geschwätz :-)
Wenn ich daran denke, daß Netze grob- oder feinmaschig bzw. weit- oder engmaschig geknüpft sein können, ändert das etwas am „Wesen“ eines Netzes, daß es überwiegend aus Löchern besteht? Nein, wohl nicht, aber dies nur als launige Anmerkung. Aber etwas anderes ist mir noch in den Sinn gekommen. Die Netze, die man unter die Hochseilakrobaten, die Trapezkünstler, die sogenannten „fliegenden Menschen“ spannt, sie haben die Eigenschaft und müssen diese Eigenschaft haben, daß sie unter dem Aufprall des festen Körpers eines Menschen nachgeben. Sie brauchen Elastizität. Hm, je engmaschiger ein Netz ist, desto weniger elastisch dürfte es sein. Was könnte aus dieser Beobachtung folgen? Nunja, die Menschen sind verschieden und vielleicht sind diejenigen, die grobmaschiger gestrickt sind, beweglicher, anpassungsfähiger als die feinmaschig gestrickten ... ich glaube fast, das mündet jetzt in Geschwätz.
Ich denke, es hängt eher vom Material als von der Eng- oder Grobmaschigkeit ab, ob ein Netz elastisch ist. Gaze ist sehr feinmaschig und trotzdem weich und anpassungsfähig. Ein Teesieb ist grobmaschiger, aber starr. Inwieweit man das auf Menschen anwenden kann, verfolge ich jetzt nicht weiter. Ich denke allerdings, dass die Einteilung in grob- und feinmaschige Menschen etwas zu simpel ist. Ich lege das jetzt aber nicht auf die Goldwaage, es ist ja nur im Geschwätz geäußert. :-)
Sowohl als entweder :-)
Ich will auf das offtopic eingehen, weil ich ganz verwirrt bin und nachhaken möchte. Entweder ich verstehe nicht, was Du hier über Dich sagst, oder aber ich habe bisher nicht verstanden, was Du über Dich sagst. Du bist eine Verteidigerin des „sowohl als auch“, so hatte ich angenommen und hier bezeichnest Du Dein Denken als eines des „entweder-oder“?
Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche. :-)) Wobei man das „früher“ getrost streichen kann. Ich denke sehr stark im Entweder-oder-Modus, was mir aber lange Zeit gar nicht bewusst war. Erst seit ich das weiß und bei mir immer wieder sehe, bemühe ich mich, sowie ich das merke (was manchmal ganz schön lange dauern kann und auch gewiss längst nicht immer der Fall ist) in den Sowohl-als-auch-Modus zu gelangen. Und ja, ich verteidige ihn, weil ich ihn in vielen Fällen für richtiger oder angemessener halte.
Koordinatensystem
Hm, ich glaube, ich meine etwas Anderes. Das Ideal ist eine Vorstellung im Kopf, ein Wunsch, ein Gedanke, während die „kleinsten Schritte“ real sind, verkörperte Gedanken könnte man vielleicht sagen. Zwischen dem, was der Fall ist, dem Realen und dem Ideal liegen weder kleinste, kleine noch große Schritte, sondern man müsste einen Sprung tun. Obwohl das auch nicht stimmig ist, denn einen Sprung könnte man ja als einen riesigen Schritt bezeichnen. Dann vielleicht in einem anderen Bild. Das, wovon Du sprichst, falls ich es richtig verstehe, ist der Weitsprung. Die Schritte auf der Horizontale. Das, was ich meinte, ist der Wechsel vom Weit- zum Hochsprung. Man wechselt in die Vertikale.
Jetzt verstehe ich es noch weniger. Du meinst, alles Gedankliche geht in die Vertikale, alles „Reale“ in die Horizontale? Und was ist mit dem Feld, das durch diese beiden Koordinaten entsteht? Was ist mit der dritten Dimension? Warum kann ein Ideal nicht auch auf der Horizontalen liegen (also durch reale Schritte erreichbar sein), wenn auch in weiter Ferne? Warum kann ich nicht nach „oben“, hinauf zu meinem Ideal gucken, um mich auf meinem Weg in der Horizontalen von diesem Stern leiten zu lassen? Das, was du beschreibst, liest sich für mich so, als gäbe es keine Möglichkeit Denken und Handeln zu verbinden. Entweder man springt hoch oder man springt weit. Entweder man hängt seinem Ideal nach und vergisst darüber das Handeln, oder man bewegt sich in großen oder kleinen Schritten in der Realität, ohne recht zu wissen, wohin man überhaupt will. – Aber vielleicht hast du ja auch nur ein etwas ungünstiges Bild für das gewählt, was du eigentlich sagen wolltest? Oder ich habe es missverstanden?
Die Seele weiß, was sie will
Wenn ich mir den einzigen Bereich anschaue, den ich mir in den letzten Jahren positiv erschlossen habe, meine Unterrichtstätigkeit, dann ist der Prozeß sehr ähnlich Deinen Schrittversuchen verlaufen. Absichtlich und zielgerichtet war gar nichts. Ein Schritt hat sich aus dem anderen ergeben. Als ich vor knapp 2 Jahren das erste Mal zum Unterricht gegangen bin, waren die Stunden vorher eine Tortur. Die Ängste konzentrierten sich auf den Zustand meiner Augen. „Diesmal werde ich hingehen, ich gehe hin, aber das nehme ich nicht ein zweites Mal auf mich“. So habe ich die Hürde der Premiere überwinden können. Anschließend habe ich allerdings die Entscheidung, mich wieder zu verabschieden, täglich vor mir hergeschoben, bis der nächste Mittwoch kam und es zu spät für eine Absage war. Mit dieser Option, daß ich jederzeit, wenn ich es will, den Job auch wieder aufgeben kann, habe ich mich einige Wochen wohl, bei der Stange gehalten ... bis es irgendwann nicht mehr nötig war.
Ist es nicht herrlich, wie die Seele den Geist überlisten kann? Ich kenne sowas auch, sowohl in die positive wie in die negative Richtung, also wenn ich etwas eigentlich sehr stark will oder sehr stark nicht will. Der Geist rationalisiert dieses ursprüngliche Empfinden, bis ich gar nicht mehr weiß, was ich eigentlich wirklich will, weil mir beide Optionen gleichwertig erscheinen. Aber meine Seele weiß genau, dass sie nicht gleichwertig sind, sondern dass sie das eine will und das andere nicht. Und zwar nicht immer, aber doch gelegentlich setzt sie sich mit dieser Strategie durch, so lange eine Entscheidung hinauszuzögern, bis es zu spät ist. Es ist manchmal angenehmer, diesem (selbst erzeugten) Druck der Umstände nachzugeben, als bewusst eine Entscheidung zu treffen.
Ich habe also einen nicht ganz kleinen Schritt getan, indem ich dort hingegangen bin, habe mir aber durch den gedanklichen Hintergrund, ich könne den Schritt auch wieder zurückgehen, ermöglicht, bei dem Schritt zu bleiben. Vielleicht könnte man die gedankliche Option selber als eine Art von Zwischenschritt verstehen. Im Laufe der vergangenen 2 Jahre habe ich mein Verhaltens- und mein Gedankenrepertoire dann zunehmend erweitert, alles winzige Schritte jeweils, die sich in bestimmten Situationen ergaben. Doch, obwohl ich nicht den Hintergrund des ZaZen habe, würde ich dies auch für mich sagen können. Die jeweils kleinen Schritte sind anstrengungslos gewesen. Sie haben sich aus dem Fluß der Ereignisse „ergeben“. Und ja, jetzt komme ich aufs „Empfinden“ zurück. Es fühlte sich gut an. Das ist der entscheidende Punkt. Selbst wenn die Erfahrung selber sich vielleicht im ersten Moment nicht gut anfühlte, so habe ich das neue Verhalten als eine Erweiterung und Ausdehnung meiner Person erlebt. Ein Erfolgsempfinden.
Man muß gar nicht viel denken, oder? Man wägt nicht ab, Vor- und Nachteile, angenehm und unangenehm, Fort- oder Rückschritt, stellt nicht die Frage nach dem Sinn des Ganzen, es fühlt sich insgesamt gut an. Das ist es.
„Man muss gar nicht viel denken, oder?“ Was für ein Satz! Ich lasse ihn so stehen, ohne ihn zu zerdenken.
Kind und Nicht-Kind
„Es fühlt sich für mich falsch an, eine feste Grenze zu ziehen“ oder „es durchdringt sich doch alles“ ... ja, warum nicht! Das gefällt mir, ich find’s auch plausibel, nur bleibt es mir äußerlich, es bleibt „im Kopf“ oder anders, in Deinen Worten ausgedrückt, es „fühlt sich überhaupt nicht an“, weder richtig noch falsch. Es verkörpert sich nicht. Der „gute Vater“ sagt den Satz „es ist alles gut“. Streicht man den Vater, dann bleibt der Satz bzw. die Aussage. Wie ordnet sich dieser Satz in Deinem Denkmuster ein? Geht er in Dein Denkmuster einzuordnen?
Oder ist die Frage falsch gestellt? Müßte man anders fragen und wenn ja, wie, um eine Verbindung zwischen Fühlen und Denken, Kopf und Körper herzustellen?
Zumindest ist sie so gestellt, dass ich nicht verstehe, worum es dir geht. Dir kommt der Abstand zwischen Innen und Außen unüberbrückbar vor, ist es das?
Da ich nicht verstehe, worauf du hinauswillst, schreibe ich einfach das, was mir dazu eingefallen ist. Kleinen Kindern kann man sagen, dass alles [!] gut ist, und sie fühlen sich getröstet. Der kindliche Anteil in uns ist dafür immer noch empfänglich, denke ich. Aber zumindest bei mir ist es so, dass es neben diesem kindlichen Anteil auch einen großen Anteil Nicht-Kindlichkeit gibt, und dieser Anteil kann mit solchen Pauschalsätzen nicht viel anfangen. Alle Lebenserfahrung spricht dagegen, dass ALLES gut ist. Bei mir wäre diese Form der Tröstung also nur sehr, sehr kurzfristig wirksam. Nicht, weil ich intellektuell weiß, dass sie nicht stimmt, sondern weil ich mich damit für dumm verkauft, nicht ernst genommen, abgefertigt fühle. Es ist ein Gefühl, das da rebelliert, um einen Begriff von dir aufzunehmen. Vielleicht rebelliert sogar das Kind in mir, weil es ernst genommen werden möchte.
Hat das mit dem Thema, nach dem du gefragt hast, irgendetwas zu tun? Ich weiß es nicht, vermutlich nicht. Meine Gedanken sind einfach weitergewandert, weil ich mit diesem Bild des „guten Vaters“ so wenig anfangen kann.
B.
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