Schön, dass Du diesen Punkt, Dein Verständnis von „Stärke“, aufgreifst. Mein Verständnis von „Stärke“ ergibt sich aus der „Radikalen Akzeptanz“*, die sich nicht nur auf Widerfahrnisse von außen bezieht, sondern die auch das So-Sein der eigenen Person umfasst. Die „Schwäche zur Stärke machen“, wie es redensartlich heißt, bedeutet für mich, das Bedürfnis in -allgemein ausgedrückt- sozialen Beziehungen radikal zu akzeptieren. Indem ich dies tue, verwandelt sich das Bedürfnis in Stärke. Das, was ist, wird auf diese Weise anders wahrgenommen. Es ist in Ordnung und muß nicht verändert werden. Insofern, würde ich sagen, ist in der radikalen Akzeptanz die Veränderung bereits mit eingeschlossen.
Im Unterschied zu Dir möchte ich beachtet werden (da „beachtet“ werden für mich auch bedeuten kann, auf negative Weise wahrgenommen zu werden, spreche ich lieber von „gesehen werden“, was so viel heißt wie „erkannt werden“; dies nur zu meiner Wortwahl) und dazu erzähle ich mein beispielhaftes Erlebnis. Vor etlichen Jahren habe ich einmal an einem zehntägigen Za-Zen-Schweige“seminar“ teilgenommen. Während des täglichen Nachmittags-„Sitzens“ konnten die Teilnehmer einzeln den Raum verlassen und zum „Meister“ gehen, wenn sie mit ihm sprechen wollten. 10 Tage habe ich dort gesessen und mich wie ein Nichts gefühlt, ein wertloses, unbeachtetes Nichts. Als dieses Nichts habe ich mich natürlich nicht getraut, zum „Meister“ zu gehen, und dafür habe ich mich dann in einer weiteren Schleife noch einmal verdammt (ich pointiere). Am Ende des Seminars bat der „Meister“ mich zu sich. Was dieser Mann zu mir sagte, das weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass er Sätze zu mir sagte, aus denen hervorging, dass er mich die ganzen 10 Tage sehr genau gesehen hatte und das bedeutet, er wußte, wie ich mich gefühlt hatte. Tränenüberströmt, wie in einem Sturzbach von Tränen habe ich damals den Raum verlassen – weil ich die Freude fast nicht hab’ aushalten können. Ich war gesehen worden.
Dieses Bedürfnis nach „gesehen werden“, wahrzunehmen und voll und ganz zu akzeptieren, daraus resultiert ein Einverständnis, in dem die Unsicherheit, d.h. die Schwäche in Stärke wechselt. Genau s o erlebe ich es auch in diesem Moment, da ich schreibe.
*Dank für Deinen Hinweis auf dieses Konzept.
F.
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